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Paul Stein (1872–1943)

Paul Stein wurde 1872 in Glewitz (heute: Gliwice) als ältestes Kind von Siegfried und Auguste Stein geboren. In seiner Kindheit erkranke er an Scharlach und überlebte, während seine jüngere Schwester Hedwig an der Krankheit starb. Seine Mutter beobachtete, dass Paul nach seiner Krankheit nicht mehr derselbe tüchtige und energische Junge war. Er wurde schüchtern, still und verschlossen.

Um ihre finanzielle Situation zu verbessern, zogen Pauls Eltern mit ihm und seinen Geschwistern nach Lublinitz (heute: Lubliniec), Augustes Heimatstadt. Paul war zu diesem Zeitpunkt 16 Jahre alt. Er besuchte die Gymnasien in Oppeln (heute: Opole) und Kreuzburg (heute: Kluczbork). Um aber diese Schulen besuchen zu können, musste Paul in Pension gehen. Im Jahr 1890 zog schließlich die ganze Familie nach Breslau, auch um den Kindern den Zugang zu den Schulen zu erleichtern. Dort schloss er seine Schulausbildung ab.

Trotz des bestandenen Abiturs erhielt Paul nie eine höhere Ausbildung. Im Jahr 1893 starb sein Vater an einem Hitzschlag und Auguste Stein begann, sich finanziell um Haus und Familie zu kümmern. Paul war damals 21 Jahre alt und seine Aufgabe bestand in der Unterstützung seiner Mutter. Angesichts der Schulden, die Auguste hatte, war ein Studium zu diesem Zeitpunkt nicht denkbar.

Den ältesten Stein-Sohn beschrieb seine jüngste Schwester Edith als Bücherwurm. Da er nicht studieren konnte absolvierte er eine Lehre in einer Buchhandlung, die das Familieneinkommen aufbesserte. Er arbeitete dort jedoch nicht lange, da seine Mutter ihn in ihrem Holzgeschäft benötigte. Eine Zeit lang war er ihr Buchhalter. Nach seiner Heirat übernahm er eine Stelle in der Schlesischen Handelsbank. Dies blieb auch seine letzte Arbeitsstelle. Karriere machte er nicht und verspürte zugleich keine berufliche Erfüllung. Glück erfuhr Paul dagegen in seiner Ehe.

Leider war seine Mutter mit seiner Wahl, Gertrude Werther (1872–1943), nicht einverstanden. Aufgrund von Augustes Missbilligung verlobte er sich heimlich. Die lange Verlobungszeit endete damit, dass die beiden nach Berlin flohen. Damit bereitete er seiner Mutter, zu der er eine starke Bindung hatte und deren Meinung er in vielen Angelegenheiten zu Rate zog, große Sorgen. Im Jahr 1901 versöhnte er sich mit seiner Familie und heiratete am 10. September desselben Jahres Gertrude. Dies wurde im engsten Familienkreis gefeiert.

Paul und Gertrude hatten zwei Kinder: Gerhard (26.02.1902–1987) und Harald (1905–1907). Der jüngere Sohn starb an Scharlach. Gertrude war nicht in der Lage recht mit ihren beiden Kindern, und dann dem einzigen Kind, umzugehen. Auguste liebte ihren Enkel Gerhard sehr und so lebte er oft im Haus seiner Großmutter. Dies machte Gertrude eifersüchtig. Auguste bemängelte, dass sich Pauls Frau nicht gut genug um das Kind kümmerte.

Gerhard verbrachte seine Kinderkrankheiten in Augustes Haus. Auch war er nicht der einzige, der diesen Ort gerne besuchte. Nach seiner Heirat kam Paul jahrzehntelang immer am Freitagabend in die Michaelisstraße (heute: ul. Nowowiejska), um den Beginn des Sabbats zu feiern. Ab 1901 wohnten er und seine Frau in Breslau in der Yorckstraße 16 (heute: ul. Jemiołowa). Gertrude betrieb einen Schönheitssalon und gab Musikunterricht. Ihre Arbeit als Musiklehrerin bedeutete, dass sie nicht gemeinsam mit ihrem Mann am Kabbalat Schabbat teilnehmen konnte. Gertrude verspätete sich häufig und dies duldete Augusta Stein nicht. Paul war verständnisvoll, denn er und seine Frau schätzten die Musik und organisierten oft Konzerte zu Hause. Als er noch im Haus der Familie lebte, sang Paul zur Freude der kleinen Edith Volks- und Studentenlieder und trug sie dabei auf den Schultern.

Als der Erste Weltkrieg ausbrach, Paul war 42 Jahre alt, wurde er für die Armee als untauglich erklärt. Im Jahr 1933 ging vorzeitig in den Ruhestand. Von nun an konnte sich Paul ganz seinem Interesse für Musik, Literatur und dem Wandern widmen. Es dauerte nicht lange bis sein Sohn Gerhard aufgrund der Judenverfolgungen in die Vereinigten Staaten ausgewandert. Später versuchte Gerhard, von Übersee, die Erlaubnis für die Auswanderung seiner Eltern zu erhalten. Seine Bemühungen waren nicht erfolgreich, er versuchte es jedoch abermals und abermals. Paul und Gertrude warteten im Reich mit den Nummern 082095/082096 auf ihre Ausreise.

Nach der Machtergreifung der Nazis lebte Paul mit seiner Frau in ärmlichen Verhältnissen, obgleich sie sehr tätig waren. Beide kümmerten sich um Eva Stein, die geistig behinderte Tochter von Arno Stein. Eva konnte von den amerikanischen Behörden keine Erlaubnis zur Auswanderung erhalten, weil sie als „arbeitsunfähig“ erklärt wurde. Evas Eltern und Geschwister emigrierten zugleich in die Vereinigen Staaten. Paul und Gertrude nahmen einige Zeit später Eva bei sich auf, wenngleich ihre Wohnung nicht die besten Bedingungen bot. Sie war klein und es gab nicht-jüdische Mitbewohner im Haus.

In dieser schwierigen und unsicheren Situation hielten Paul und seine Frau den Briefverkehr mit ihrer Familie aufrecht, die sich sowohl in der Heimat als auch im Exil befand. Auch nach 1941, als der Postverkehr zwischen dem Reich und den Vereinigten Staaten eingestellt wurde, versuchte die Familie über einen Freund in der Schweiz, Dr. Goldstein, in Kontakt zu bleiben. Dieser Freund unterstützte sie auch mit gelegentlichen Lebensmittelpaketen.

Am 27. Juli 1942 wurden Paul und Gertrude Stein mit dem Transport 1099 in das Konzentrationslager Theresienstadt (heute: Terezín) deportiert. Wahrscheinlich wussten sie dies schon einige Zeit zuvor, denn Paul erwähnt in seinem letzten Brief vom 17. Juli, dass sie nach Theresienstadt umsiedeln würden. Gertrude starb am 18. März 1943 und Paul einen Monat später zwischen dem 27.–29. April 1943.

Bibliografie:
Edyta Stein, Dzieje pewnej rodziny żydowskie oraz inne zapiski autobiograficzne, Kraków
2005
Edyta Stein, Autoportret z listów. Część pierwsza (1916-1933), Kraków 2002
Edyta Stein, Autoportret z listów. Część druga (1933-1942), Kraków 2003
Edyta Stein, Autoportret z listów. Część trzecia. Listy do Romana Ingardena, Kraków 2003
Susanne Batzdorff, Ciocia Edyta. Żydowskie dziedzictwo katolickiej świętej, Poznań 2011
https://www.wikitree.com/wiki/Stein-1732 (dostęp 04.09.2020)