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Der Besuch von Susanne Batzdorff in Breslau (Wrocław) im Juni 1995

Am 26. Juni 1995 traf Edith Steins Nichte, Frau Susanne Batzdorff, Tochter von Ediths geliebter Schwester Erna, aus Kalifornien ein. In dem Haus in der ul. Nowowiejska 38 geboren, erinnerte sich Frau Batzdorff an ihre Tante. Nach 56 Jahren besuchte sie mit ihrem Mann Alfred, ihren Söhnen, ihrer Schwiegertochter und ihrem Enkel ihre Heimatstadt Breslau (Wrocław).

Zu dieser Zeit war ich Vizevorstand des Edith-Stein-Hauses. Ich war sehr aktiv an der Organisation des Aufenthalts von Frau Batzdorff in Breslau (Wrocław) beteiligt. Ich habe diesen Besuch sehr stark miterlebt und versucht, ihn bestmöglich zu gestalten.

Frau Batzdorff wohnte mit ihrer Familie im Hotel „Zaułek“ in der ul. Garbary. Alle Zimmer unserer hohen Gäste habe ich persönlich zur Begrüßung mit Blumensträuße geschmückt, der schönste große Rosenstrauß kam in das Zimmer von Susanne und Alfred Batzdorff. Wir haben Herrn und Frau Batzdorff am späten Abend in diesem Hotel empfangen. Es waren mehrere Mitglieder der Gesellschaft anwesend, darunter Wojciech Hann, Monika Żmudzińska-Hann, Marian Łukaszewicz, Pfr. Jerzy Witek, die Übersetzerin Gabriela Grobelna und ich, Danuta Skraba. Ich war sehr bewegt von diesem Treffen. Ich hatte zuvor mit Susanne Batzdorff korrespondiert.

Bei der Organisation des Aufenthalts von Susanne Batzdorff in Breslau (Wrocław) wurde ich von Alfreda Poznańska unterstützt, einer bekannten Bildhauerin aus Breslau (Wrocław), (Künstlerin der Altarskulptur in der Kapelle der heiligen Edith Stein in der St.-Michaelis-Kirche sowie der Gedenktafel und Kartusche am Edith-Stein-Haus). Anlässlich dieses Besuchs schlug sie vor, einen Brief an Frau Susanne Batzdorff mit einem Pinsel auf eine von Frau Poznańska entworfene keramische „Karte“ zu schreiben. Dieser Vorschlag gefiel mir sehr gut. Wir gingen mit Prof. Alfreda Poznańska zur Akademie der Bildenden Künste, und dort erhielt ich die Werkzeuge, um den Brief zu schreiben – eine Keramikplatte und einen Pinsel. Ich begann mit Enthusiasmus zu arbeiten, aber es stellte sich bald heraus, dass ich kein Talent besaß. Ich arbeitete einen halben Tag lang in der Universität, während die Professorin mir geduldig zusah, wie ich mich abmühte. Damit beendete ich das Werk und sah staunend zu, wie die Künstlerin den Brief mit einem Pinselstrich unterzeichnete – Freda. Dieser Brief gefiel Frau Batzdorff sehr gut und wurde von den Gästen des festlichen Abendessens (im Restaurant „Wazów“) sehr geschätzt.

Während ihres Aufenthalts in Breslau (Wrocław) lud Frau Susanne Batzdorff Professor Poznańska und mich in das Hotel ein, in dem sie untergebracht war. Frau Batzdorff meinte, dass eine „Karte“ aus Keramik, auf der Frau Batzdorff ihren Besuch in Breslau (Wrocław) schließlich eigenhändig festgehalten hat, auch ein wichtiges Erinnerungsstück für die Gesellschaft sein könnte. Die Nichte von Edith Stein begrüßte uns mit einem herzlichen Lächeln, ohne, dass wir wussten, welche Überraschung sie für uns bereithielt. Wie ich zuvor, machte sich nun auch Frau Batzdorff an die Arbeit. Es gelang ihr aber nur ein paar Worte zu schreiben. Frau Poznańska vollendete den Text. Das Wichtigste ist, dass Frau Susanne Batzdorff ihre Unterschrift eigenhändig auf die keramische „Karte“ gesetzt hat. Dieses Werkstück befindet sich im Besitz der Gesellschaft und ist für die Besucher ausgestellt.

Frau Batzdorff besuchte mit ihrer Familie die Kapelle der Heiligen Teresia Benedicta vom Kreuz. Die Altarskulptur in dieser Kapelle, von Prof. Alfreda Poznańska geschaffen, war ganz nach ihrem Geschmack. Die ganze Familie drückte ihre volle Wertschätzung für dieses künstlerische Werk aus.

Das offene Treffen mit Susanne Batzdorff in der Fakultät für Anthropologie der Universität Breslau (Wrocław), wo es einen nach Edith Stein benannten Raum gibt, war dank der Bemühungen des Gründungskomitees der Gesellschaft äußerst feierlich hergerichtet. Für dieses Treffen habe ich unter anderem eine Kurzbiografie von Frau Batzdorff mit einem Foto von ihr vorbereitet. Dies war das erste Foto, das sich im Besitz der Gesellschaft befand. Ich habe es von Pater O‘Donovan aus den USA erhalten, der mit Frau Susanne Batzdorff befreundet ist. Ich habe mit Pater O‘Donovan korrespondiert und als er erfuhr, wie wichtig es im Zusammenhang mit einem bevorstehenden Besuch von Frau Batzdorff in Breslau war, ließ er mir dieses Foto auf meine Bitte hin sofort zukommen. Frau Susanne Batzdorff war angenehm überrascht und bedankte sich bei den Organisatoren des Treffens. Das Treffen schuf eine wunderbare Atmosphäre an der Universität. Susanne und Alfred Batzdorff ergingen sich in Erinnerungen an alte Zeiten in ihrer Heimatstadt Breslau (Wrocław). Eine Band, die jüdische Lieder spielte, sorgte für viel Freude bei den Gästen (dank Frau Anny Hannowej). Ich blickte mitfühlend auf den singenden Herrn Batzdorff. Es war für uns alle ein wunderbares Treffen.

Das wichtigste und bewegendste Ereignis war jedoch der Besuch von Susanne Batzdorff in ihrem Elternhaus in der ehemaligen Michaelisstraße 38, wo sie in einem Zimmer im zweiten Stock geboren wurde.

Am 27. Juni 1995 öffnete Susanne Batzdorff nach 56 Jahren wieder die Tür zu ihrem Elternhaus. Als ich ihr die Schlüssel überreichte, war sie sehr nervös. Obwohl sie sich sehr bemühte, konnte sie die schwere alte Tür mit dem rostigen Schloss nicht öffnen, und nur mit Hilfe ihres Mannes Alfred gelang es ihr. Zu dieser Zeit machte das Haus einen düsteren Eindruck, sein Zustand war dramatisch. Es wurde so weit wie möglich gesäubert, aber das änderte wenig an seinem Zustand. Eigentümer des Hauses war damals die Odra-Film Gesellschaft in Breslau (Wrocław), und nur dank der großen Freundlichkeit des Regisseurs Tadeusza Ścibora-Rylskiego erhielt ich die Schlüssel. Frau Batzdorff betrat alle Räume, insbesondere die Räume, in denen sie geboren wurde, in denen die feierliche Hochzeit ihrer Eltern – Erna Stein und Hans Biberstein – stattfand und in dem ihre geliebte Großmutter Auguste Stein starb.

Diese Momente im Haus der Familie Stein waren sowohl rührend als auch sehr traurig. Sie waren auch die Inspiration für Susanne Batzdorff, ein Gedicht zu schreiben: „Zuhause – 56 Jahre später“.

Pfr. Jerzy Witek erinnert sich an den Besuch von Susanne Batzdorff in Breslau (Wrocław) wie folgt: Die Begegnung mit Frau Susanne Batzdorff und ihrer Familie war außergewöhnlich. Es ist rührend, mit jemandem aus der Familie der heiligen Teresia Benedicta vom Kreuz zusammen zu sein. Frau Batzdorff interessierte sich für alles, was ihre Tante betraf, schaute sich das Haus ihrer Kindheit mit großer Aufmerksamkeit an und erzählte uns von allen Begegnungen mit ihrer Tante Edith. Wir besuchten die Gräber von Ediths Eltern und Susannes Großeltern. Ich beobachtete, wie sie und ihr Mann mit großer Leidenschaft nach den Gräbern ihrer engsten Familienangehörigen suchten. Sie besuchte auch die Karmeliterschwestern aus dem Kloster in der ul. Karłowicza. In der Stille des Karmels lauschten die Nonnen Frau Batzdorff und ihren Liebesgeständnissen für Edith.

Am 30. Juni 1995 verließen Susanne Batzdorff und ihre Familie Breslau (Wrocław). Die Edith-Stein-Gesellschaft überreichte Susanne und Alfred Batzdorff eine schöne Grafik des Breslauer (Wrocławer) Rathauses und zwei Keramiktassen aus der berühmten Fabrik in Bolesławcu.

Ich möchte auch den Enkel von Frau Batzdorff, Aaron, erwähnen. Ich habe ihm eine „Krakowiak“-Puppe von Cepelia geschenkt, sie gefiel Aaron sehr gut. Er benannte sie nach mir, „Danuta“. Ich glaube, es war die einzige Puppe mit diesem Namen.

Nach der Rückkehr von Frau Susanne Batzdorff nach Kalifornien erhielt ich einen sehr herzlichen Brief, in dem sie sich bei der Gesellschaft für die Organisation ihres Aufenthalts in Breslau (Wrocław) und für die Geschenke bedankte, die sie an diesen Besuch erinnern.

Im August 1995 schickte Frau Batzdorff einen wunderbaren Obstkuchen, den wir im Sitz der Gesellschaft, damals noch in der ul. Prusa, genossen und uns zugleich an Frau Susanne und ihren netten Mann Alfred und die ganze wunderbare Familie erinnerten.