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Arno Stein (1879–1948)

Arno Stein wurde am 9. August 1879 in Gleiwitz (heute: Gliwice) als drittes, das Säuglingsalter überlebendes Kind von Siegfried und Auguste Stein geboren. Noch im Kindesalter zog er im Jahr 1888 mit seiner Familie zunächst nach Lublinitz (heute: Lubliniec) und dann, im Alter von elf Jahren, nach Breslau (heute: Wrocław). Veranlasst wurden die Umzüge aufgrund der Suche nach finanziell besseren Arbeitsbedingungen und um den älteren Kindern den Schulbesuch zu erleichtern.

In Breslau besuchte Arno ein Jahr lang eine Realschule, d. h. eine Schule, die auf die praktische Vorbereitung der Schüler auf das Leben und den Beruf Rücksicht nimmt (im Gegensatz zu den humanistischen Gymnasien). Ein Jahr nach dem Tod seines Vaters († 1892) ging Arno bei einem Holzhändler in die Lehre und absolvierte später eine kaufmännische Ausbildung in einer Ölmühle. Nach Abschluss seiner Ausbildung half er seinem Onkel Jakob Burchard in der Buchhaltung des Familienunternehmens, dem Holzgeschäft, und mit der Zeit führte er die Buchhaltung selbst. Auch half er den Arbeitern des Geschäfts bei ihren Tätigkeiten. Schon bald wurde er zum vertrauenswürdigsten Mitarbeiter seiner Mutter. Nach dem Ersten Weltkrieg übernahm er von Auguste die Leitung des Unternehmens.

Im Jahr 1910 heiratete Arno Martha Kaminsky (1879–1947), eine geschiedene Amerikanerin. Sie war der Familie bereits durch ihre Freundschaft mit Arnos älterer Schwester Else bekannt und Auguste Stein und Arnos Geschwister nahmen Martha herzlich auf. Martha war jedoch ein sehr extrovertierter Charakter, was sie erheblich von der Familie Stein unterschied. Das junge Paar zog unmittelbar nach der Hochzeit in das Haus der Steins in die Michaelisstraße 38 (heute: ul. Nowowiejska).

Das nahe Beisammensein von Menschen mit so gegensätzlichen Charakteren führte zu Konflikten. Trotz Marthas Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft kam Auguste nicht damit zurecht, dass Martha keine Haushälterin in ihrem Sinne war, sondern Vergnügungen außerhalb des Hauses suchte. Die Schwiegertochter rührte jedoch nie an der Beziehung zwischen Auguste und Arno, da der Sohn eine große Zuneigung zu seiner Mutter hegte und diese Beziehung nicht angetastet werden sollte.

Aufgrund seines Temperaments hatte Arno oft Auseinandersetzungen mit seiner Mutter zu bestreiten, aber er beugte sich ihrem Einfluss und stand ihr zur Seite, wenn es nötig war. Aufgrund seiner Cholerik kam es auch zu Schwierigkeiten in der Erziehung seiner Kinder, für die er keine Geduld aufbrachte.

Das Ehepaar bekam vier Kinder: Wolfgang (1912–2000), Eva (1915–1943), Helmut (1916–1986) und Charlotte Adelheid (1917–2012). Die damals einjährige Tochter Eva erhielt die Diagnose einer geistigen Behinderung. Arno und seine Frau beschlossen jedoch, in ihrer Erziehung keinen Unterschied zu den Geschwistern zu machen. Besondern intellektuell blieb sie zurück. Zahlreiche Ärzte teilten den Eltern mit, dass die herangewachsene Eva geistig auf dem Niveau einer Achtjährigen stehe. Martha hatte insgesamt eine idealisierte Vorstellung von Kindern und nahm Benachrichtigungen über deren Krankheiten mit Traurigkeit und sogar Wut auf. Wenn die Kinder schwerer erkrankten, wurden sie isoliert. Infolge dessen beschränkte sich die Erziehung auf die grundlegenden körperlichen Bedürfnisse. Auch setzten sich Martha und Arno nicht für Evas Entwicklung besonders ein. Die einzigen Bemühungen, das Mädchen zu fördern, wurden von ihrer Großmutter Auguste unternommen. Die Betreuung des Kindes überließen die Eltern häufig Verwandten, oft auch Tante Edith.

Keinen Mangel an Sorge zeigte Arno für seine Geschwister. Er konnte mit ihnen spielen, mit ihnen Städte bereisen und sie besuchen, Tanzunterricht geben oder teure Geschenke kaufen. 1928 verließ er das Elternhaus und zog mit seiner Frau und seinen Kindern in die Bockstraße 14 (heute: ul. Rozbrat).

Während des Ersten Weltkriegs ging Arno nicht zur Armee, sondern beaufsichtigte das Sanitätswesen in Breslau und gehörte dem Roten Kreuz an. Auf diese Weise äußerte er seine Verbundenheit mit der deutschen Nation, blieb aber in seinen politischen Ansichten eher liberal. In ihrem Haus in der Jägerstraße (heute: ul. myśliwskiej) waren zahlreiche liberale Zeitschriften zu finden, die im Gegensatz zum weit verbreiteten Patriotismus standen.

Mit der Machtübernahme der NSDAP verschlechterte sich die Situation für die jüdische Bevölkerung im Reich erheblich.

Aufgrund von Marthas amerikanischer Staatsbürgerschaft konnte die Familie bald auswandern. Noch 1934 verließ Helmut das Land, zum Jahreswechsel 1935/36 ging Martha in die Vereinigten Staaten und holte weitere Familienangehörige nach. Nicht lange nach ihrer Mutter ging Charlotte für immer in die Vereinigten Staaten. Arno und Wolfgang, die Deutschland nicht verlassen wollten, und Eva blieben in Breslau. Diese konnte das Land nicht verlassen, da die Konsulatsmitarbeiter in Berlin entschieden, dass sie aufgrund ihrer Behinderung nicht arbeiten könne. Dies war eines der wichtigsten Kriterien, die Migranten in den 1930er Jahren zu erfüllen hatten. Wiederholte Versuche, eine Genehmigung zu erhalten, blieben erfolglos, da Eva keinen der Tests, denen sie unterzogen wurde, bestehen konnte.

Noch 1936 versuchte Auguste Stein Arno davon zu überzeugen, den Holzplatz zu verkaufen. Bevor dieser Plan umgesetzt werden konnte, starb Auguste. Nach ihrem Tod ging das Geschäft an Arnos Schwester Frieda Tworoger. Es ist anzunehmen, dass dieser Verlauf der Ereignisse die Geschwister nicht entzweite und sie weiterhin zusammenarbeiteten, solange Arno im Reich blieb.

Arno verkaufte sein damaliges Wohnhaus vermutlich im Jahr 1938, als die NS-Behörden Juden ihre Grundstücke und Wohnungen entzogen und zog in die Kreuzburgerstraße 5 heute: (ul. Kluczborska).

1938 beschloss Arno, das Land zu verlassen und ließ seine Tochter Eva in Obhut des Besitzers der Pension, in der sie lebte, zurück. Sie wurde von Verwandten betreut, darunter auch von Wolfgang, der bis 1939/40 in Deutschland blieb, bis auch er ins Exil ging. Von dort aus versuchte er weiterhin, seine Schwester zu unterstützen. Eva starb wahrscheinlich zwischen zwischen April und Juli 1942 in Theresienstadt (heute: Terezín), an Fleckfieber erkrankt, oder wurde in Auschwitz-Birkenau ermordet.

Ende 1938 kam Arno in New York an. In Amerika hatte er Schwierigkeiten sich einzufinden. Er konnte nicht mit seiner Frau zusammenleben, die Gouvernante eines Geschäftsmannes war. Seine Kinder hatten sich über den ganzen Kontinent verstreut und pflegten nur wenig Kontakt zu ihm. Mehrere Monate lang war er nicht in der Lage, eine Arbeit zu finden. Schließlich erwarb er die Konzession für ein Geschäft am Union Square, wo er Zeitungen, Süßigkeiten und Zigaretten verkaufte.

Zum Ende seines Lebens zogen Arno und seine Frau Martha nach San Francisco. Zu diesem Zeitpunkt waren beide bereits sehr krank. Martha starb am 22. März 1947 und kurz darauf, am 18. Februar 1948, starb auch Arno.

Bibliografie:

Literatur
Edyta Stein, Dzieje pewnej rodziny żydowskie oraz inne zapiski autobiograficzne, Kraków 2005

Edyta Stein, Autoportret z listów. Część pierwsza (1916-1933), Kraków 2003

Edyta Stein, Autoportret z listów. Część druga (1933-1942), Kraków 2003

Edyta Stein, Autoportret z listów. Część trzecia. Listy do Romana Ingardena, Kraków 2003

Susanne Batzdorff, Ciocia Edyta. Żydowskie dziedzictwo katolickiej świętej, Poznań 2011

https://www.wikitree.com/wiki/Stein-1745#Biography (dostęp 4.09.2020)

https://www.wikitree.com/wiki/Kaminsky-171 (dostęp 4.09.2020)

Quelle
Archiwum Państwowe we Wrocławiu, zesp. 82/28/0, sygn. 14244